Gelsenkirchen Wiki
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Das Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen wurde zwischen 1924 und 1927 vom Essener Architekten Alfred Fischer errichtet und ist eines der Wahrzeichen der Stadt. Ursprünglich war das Haus multifunktional (Büros, Hotel, Gastronomie, Ladenlokale, Konzertsaal u.w.) geplant, wurde jedoch schon bald nach seiner Fertigstellung zentraler Verwaltungssitz der Stadt Gelsenkirchen.

Es handelt sich um eines der bedeutendsten Bauwerke der Moderne (vgl. z.B. „Neues Bauen“) im Ruhrgebiet, und ist im Weltlexikon der Architektur verzeichnet. Stilistisch ist es dem Backstein-Expressionismus zuzuordnen. Die Namensgebung erfolgte nach einem Ideenwettbewerb, an welchem sich alle interessierten Bürger beteiligen konnten. Das Bauwerk, das im Krieg teilweise zerstört, später wiederaufgebaut und Ende der 1950er Jahre ergänzt wurde, weist eine Brutto-Geschoss-Fläche von rund 27.500 m² bei einem Brutto-Rauminhalt von etwa 125.000 m³ auf.

Hans-Sachs-Haus Gelsenkirchen Turm

Der Turm des Hans-Sachs-Hauses

Besonderheiten[]

Das Hans-Sachs-Haus beherbergt einen Konzertsaal mit der größten erhaltenen spätromantischen Konzertorgel Europas (denkmalgeschützt), einer Walcker-Orgel mit 92 Registern.

In den Fluren des Hauses befindet sich das mutmaßlich weltweit erste Farbleitsystem (Entwurf: Max Burchartz, Professor für Gebrauchsgraphik an der Folkwangschule in Essen), das mit wandgroßen Farbfeldern in Primärfarben durch das Haus führt. Das Farbleitsystem, das der Bauhaus-Moderne zuzurechnen ist, wurde erst in der 1990er Jahren teilweise wiederhergestellt.

In den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs fanden viele Menschen Zuflucht in den Kellern des Hans-Sachs-Hauses. Bei einem Luftangriff am 19. März 1945 kamen im Luftschutzraum 81 Menschen ums Leben. Teile des Hauses wurden zerstört.

Vom Architekten Alfred Fischer stammen auch das Volkshaus in Rotthausen und die RVR-Verwaltung in Essen.

Jüngere Geschichte[]

Hans-Sachs-Haus Gelsenkirchen

Das Hans-Sachs-Haus heute

Sanierungs-Projekt[]

2001 beschloss die Stadt Gelsenkirchen das Hans-Sachs-Haus denkmalgerecht zu sanieren. Geplant war eine Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbildes mit einem Schriftzug über die ganze Länge der Front, einer großen Fenstergalerie im ersten Stock, sowie einer Rekonstruktion des umlaufenden Vordaches, das nach dem Zweiten Weltkrieg entfernt worden war. Des Weiteren wollte man den Saal wieder in den Originalzustand zurückversetzen und die in den 1950er Jahren eingezogene abgehängte Decke sowie andere Einbauten entfernen, so dass wieder Tageslicht in den Saal fallen würde, wie im Entwurf Fischers ursprünglich vorgesehen. Die Sanierungskosten wurden auf 44 Mio Euro angesetzt.

Baumängel[]

Kurz nach Beginn der Sanierung stieß man zuerst im Saal, dann auch in anderen Teilen des Gebäudes, besonders im sogenannten Wesseleck, auf bauliche Mängel. Ein von der Stadt beauftragter Gutachter begründete das mit Fehlern, die schon beim Bau in den 1920er Jahren, bei der Sanierung und Ergänzung nach dem Zweiten Weltkrieg und beim Erweiterungsbau Ende der 1950er Jahre gemacht wurden und die wegen der eingeschränkten Bauunterhaltung jahrzehntelang nicht aufgefallen waren. Das Haus wurde vollständig geräumt, nachdem der Veranstaltungssaal für rund 1500 Personen baupolizeilich bereits vorher gesperrt worden war. Verschiedene Gutachten über den baulichen Zustand des Gebäudes bezifferten die Sanierungskosten teils recht unterschiedlich. Die höchste genannte Summe belief sich auf 143 Millionen Euro. Über die im Falle einer Sanierung tatsächlich zu erwartenden Kosten gibt es jedoch starke Meinungsverschiedenheiten zwischen Fachleuten, sowie der das Hans-Sachs-Haus betreuenden Firma.

Kontroverse[]

Der damalige Oberbürgermeister Oliver Wittke (CDU, nordrhein-westfälischer Bauminister bis Februar 2009) engagierte sich für den Erhalt des Gebäudes und schloss 2001 Verträge ab, die die Sanierung über ein Vermiet-Rückmietmodell finanzieren sollten. Dieses Vertragswerk, aber auch die Sanierung insgesamt, waren von vornherein politisch umstritten. So standen Wittkes späterer Nachfolger Frank Baranowski (SPD) sowie Teile der Fachverwaltung der Stadt dem Vorhaben und seiner Realisierung in ein Public Private Partnership-Modell eher kritisch gegenüber. Das Thema wurde damit auch Gegenstand des Kommunalwahlkampfes 2004 (Kampagne „Millionengrab Hans-Sachs-Haus“).

Mit der Zeit verstärkte sich die Kritik an dem abgeschlossenen PPP-Vertrag. So argumentierten die Kritiker, dass er für die Stadt äußerst ungünstig und finanziell verlustreich sei. Außerdem wurden fehlende Kündigungsrechte der Stadt thematisiert und argumentiert, dass den ausführenden Unternehmen ein hoher Generalunternehmerzuschlag zugesichert worden sei.Darüber hinaus vertreten insbesondere die der MLPD nahestehenden Vertreter im Stadtrat die These, dass bei der Beschlussfassung von der Stadtverwaltung nicht allen Entscheidungsträgern alle wichtigen Vertragsfragen bekannt gewesen seien. Zwischen der Stadtverwaltung unter dem neuen SPD-Oberbürgermeister und den Vertretern der äußersten Linken in Gelsenkirchen entzündeten sich in diesem Zusammenhang eine Reihe von politischen und rechtlichen Auseinandersetzungen.

Im September 2005 beschloss der Rat der Stadt Gelsenkirchen, den Vertrag zu kündigen, da die inzwischen in Raum stehenden Sanierungskosten für die Stadt nicht mehr tragbar seien. Damit drohte der Abbruch des neben dem Musiktheater im Revier und der expressionistischen Heilig-Kreuz-Kirche von Josef Franke bedeutendsten Kulturdenkmals der Stadt Gelsenkirchen. Die Frage der Vertragskündigung einerseits und des Abrisses andererseits waren dabei rechtlich unterschiedliche Verfahrensstränge.

Am 15. Dezember 2005 beschloss der Rat der Stadt, auf Vorschlag des Oberbürgermeisters Frank Baranowski, das Haus abzureißen. Das zur Umsetzung dieses Beschlusses notwendige Einvernehmen mit dem Westfälischen Amt für Denkmalpflege wurde im Januar 2006 vom damaligen Landeskonservator Prof. Dr. Eberhard Grunsky erteilt. Als Begründung wurde die der Stadt Gelsenkirchen nicht zumutbare finanzielle Belastung im Falle einer Sanierung genannt. Diese Begründung wurde seitdem häufig in Frage gestellt, da das Denkmalschutz-Gesetz die unzumutbare Belastung nur im Falle von Privatpersonen, nicht jedoch im Falle von Kommunen vorsieht. Grunsky trat unmittelbar darauf planmäßig in den Ruhestand.

Initiative „Licht in das Dunkel um das Hans-Sachs-Haus“[]

2005 bildete sich unter Federführung der linken Fraktionen in Gelsenkirchen, AUF, PDS, MLPD, WASG und weiteren Gruppen eine Initiative, die die Aufklärung der Geschehnisse um das Hans-Sachs-Haus forderten. Dabei ging es ihnen um die Frage der Rechtmäßigkeit der abgeschlossenen Verträge und die Aufklärung des politischen Skandals. Des Weiteren wurden mehr Bürgerbeteiligung und ein Architektenwettbewerb für den Erhalt des Hauses gefordert. Dafür strebte die Initiative einen Bürgerentscheid an und überreichte der Stadt Gelsenkirchen am 25. Januar 2006 Unterschriftenlisten mit 10 010 Namen. [1]

Im August 2006 erschien in Zusammenarbeit mit dem Vorsitzenden des deutschen Werkbundes NRW, Prof. Roland Günter, das Buch „Weltstar Hans-Sachs-Haus“.

Bürgerforum HSH[]

Anfang 2006 hat der Gelsenkirchener Stadtplaner und Bauhistoriker Dr. Lutz Heidemann gemeinsam mit den Architekten Kai Kühmichel und Karin Powileit sowie Gelsenkirchener Bürgern das Bürgerforum Hans-Sachs-Haus ins Leben gerufen. Die Gruppe möchte ein moderates Gegengewicht zum offensiven politischen Vorgehen zu einer von der MLPD und anderen Vertretern der radikalen Linken dominierten Bürgerinitiative setzen und den Aspekt der kulturgeschichtlichen Bedeutung des HSH zur Diskussion beitragen. Ziel der Gruppe ist das Gebäude entweder ganz zu erhalten, oder zumindest die Fassade in einen möglichen Neubau zu integrieren. Hierzu wurde eine Petition an Bauminister Oliver Wittke sowie an den Petitionsausschuss des Landtages aufgesetzt, der jedoch von Seiten des Landes nicht entsprochen wurde. [2] Nach eigener Einschätzung trug die Arbeit des Bürgerforums dazu bei, dass die Stadt sich nach derzeitigem Diskussionsstand vom geplanten Totalabriss des Hans-Sachs-Hauses abgewendet hat. Die Positionen des Bürgerforums sind im Übrigen von einer über den konkreten Fall Hans-Sachs-Haus hinausgehenden grundsätzlichen Kritik an Bauvorhaben in Modellen der privaten und öffentlichen Partnerschaft (PPP-Modelle) gekennzeichnet.

2006[]

Nachdem zwischenzeitlich der völlige Abriss des Hans-Sachs-Hauses Option war, tendierte die Stadt 2006 dazu, die maroden inneren Gebäudeteile, die im Zuge von Untersuchungen durch Gutachter stark beeinträchtigt und teilweise zerstört wurden, durch einen Neubau zu ersetzen und nur die markante Fassade sowie den Turm im Original zu erhalten. Dazu wurde im September 2006 unter Leitung des BDA-Ruhrgebiet ein Kreativ-Workshop unter Beteiligung mehrerer Architekten und Stadtplaner durchgeführt, in dem ein Konzept für einen anschließenden internationalen Architekten-Wettbewerb erarbeitet wurde. Der BDA kommentierte dies auf seiner Website mit den Worten: „Alles wird gut!“

Die Verhandlungen zur Vertragsaufhebung mit dem Investor Xeris wurden kurz vor Weihnachten 2006 erfolgreich abgeschlossen und das Hans-Sachs-Haus ging wieder in den Besitz der Stadt über. Der Investor fordert jedoch weiterhin eine Entschädigung für entgangenen Gewinn etc. Die eventuell verbleibenden Ansprüche sollen in einem Gutachterverfahren geklärt werden.

Diese Vorgehensweise der Stadtspitze wird von der äußersten Linken im Stadtrat und der von ihr geprägten Bürgerinitiative kritisiert.

Sicherlich ist zu erwarten, dass bis zur Realisierung noch einige Zeit vergehen wird. Die Stadt plant nunmehr einen Architekturwettbewerb, der als Bedingung u.a. den Erhalt der historischen Fassade vorsieht. Die Gesamtkosten für einen solchen Neubau werden dabei von der Stadtverwaltung mit 50 bis 80 Millionen Euro - je nach Variante - beziffert. Dabei wird von einer Fläche von 16.500 m² ausgegangen; damit würden Gebäudeflächen und Kubatur gegenüber dem Status quo deutlich verkleinert. Der Saal soll im Rahmen dieser Konzeption nicht mehr in der historischen Anmutung und Qualität realisiert werden. Vor dem Hintergrund dieser Parameter und mit Blick auf die gegenüber allen Szenarien einer Restaurierung deutlich verzögerten Baufertigstellung (im Gespräch ist derzeit 2011) wird man damit auch erst nach Fertigstellung beurteilen können, ob der nun eingeschlagene Weg tatsächlich wirtschaftlich günstiger ist als eine Fortsetzung des ursprünglichen Konzepts. Die Landesregierung wird für das Hans-Sachs-Haus erhebliche Fördermittel bereitstellen.

Das Schicksal der berühmten Walcker-Orgel ist dabei zurzeit noch völlig offen, da die neue Veranstaltungsstätte im Hans-Sachs-Haus nach dem bisherigen Überlegungsstand konzeptionell und qualitativ für den Einsatz einer solchen Konzertorgel nicht geeignet ist.

2008[]

Aus dem durchgeführten Wettbewerb ging der Beitrag des Büros Gerkan, Marg und Partner als Sieger hervor. Die Unterzeichnung des Vertrags über die Generalplanerleistungen für das „Neue Hans-Sachs-Haus“ fand am 23. Juni 2008 statt. Geplant ist nun ein Neubau unter Erhalt der denkmalgeschützten Fassade.Der Anbau aus den 50er Jahren wird abgerissen und an seine Stelle tritt ein Platz der den Namen "Alfred-Fischer-Platz" tragen wird.

Weblinks[]

Quellen[]

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